vom 28.03.2014 bis 31.01.2015

Der Kaschmirschal und seine indisch-französische Geschichte

Gezeigt werden kostbare historische Stücke aus der Privatsammlung von Christa Knoll.

Das Wort „Schal“ stammt aus dem indo-persischen Wort „shal“ und beschreibt damit ein Kleidungsstück, das aus feiner, gewebter Wolle besteht und als Umhang getragen wurde. In Persien wurde er als Gürtel umgeschlungen, während man ihn in Indien über die Schulter drapiert trug.

Der Schal hat eine sehr lange Geschichte. Auch wenn seine Entstehung dem Mittelalter zugesprochen wird, haben Archäologische Funde gezeigt, dass schon während der Indus-Zivilisation (2700 – 2000 v.Chr.) wollene Bekleidung existierte. Diese Textilien wurden von den Haaren der wilden Ziegen, die auf ca. 4000 m Höhe in der Himalaya-Region leben, gewonnen. Die Tiere verloren Büschel der Unterhaare an Felsen und Sträuchern, die eingesammelt und verarbeitet wurden. Wegen der Höhe, der Kälte, der reinen Luft und dem unvergleichlich weichen Wasser wurde die Wolle so leicht, weich und fließend. Ende des 19ten Jahrhunderts fand man Fragmente aus Kaschmirwolle in Palmyra/Syrien und in Antinoe/ Ägypten. Diese bezeugen, dass schon v.Chr. Wolle oder wollene Textilien von Kaschmir über die Seidenstraße in den Westen gehandelt wurden.

Im 16. und 17. Jahrhundert entwickelte sich unter der Herrschaft der Moghulkaiser die Schalindustrie in Kaschmir und Rajasthan gewaltig. Indiens Nobelklasse liebte es, diese Tücher zu tragen, gaben sie aber auch gerne als Gastgeschenke an Königshäuser und hochrangige Gäste weiter.
Ende des 18. Jahrhunderts, während der englischen Kolonialzeit in Indien, wurde der Kaschmirschal von den englischen Ladies entdeckt. Zu dieser Zeit hat der magische Einfluss des Orients in der europäischen Kunst und Mode Einzug gehalten. Die Schalindustrie in Kaschmir florierte.
Der kostbare und teure Kaschmirschal konnte zuerst nur von den Noblen und der Elite getragen werden. Er wurde ein populäres Hochzeitsgeschenk der elitären Klasse. So gehörten z. B. 17 Kaschmirtücher zu dem Hochzeitsgeschenk, das Napoleon seiner zweiten Frau Marie-Luise überreichte.
Durch die teuren Napoleonischen Kriege hatte die Seidenindustrie in Frankreich stark gelitten. Nun wandten sich die Seidenhersteller einer neuen Form von Textilien zu, und es entwickelte sich in Europa, hauptsächlich aber in England und Frankreich, eine blühende Schalindustrie aus Kaschmirwolle. Diese wurde durch die Entwicklung des Jacquardwebstuhls ab 1814 unterstützt.

Die charakteristischen Motive wie das Paisley- oder Cypressenmotiv, architektonische Muster aber auch Tier- und Menschenmotive überzogen die gesamte Fläche der Schals. Der Kreativität, die sich im 19. Jahrhundert in der europäischen Kunst und Mode zeigte, waren keine Grenzen gesetzt.
Nach dem verlorenen Krieg mit Deutschland 1870/1871 wurden in Frankreich kaum noch Schals hergestellt. Auch in Kaschmir standen die Webstühle still. 1877 starben viele der Weber durch eine Epidemie, andere wanderten in den Punjab oder nach Rajastan aus, wo heute noch eine große Teppichindustrie existiert. In Europa hatte sich die Mode geändert und die großen Tücher wurden oft zerteilt, um sie als kleinere Schals zu tragen oder anderweitig zu verwenden. Trotzdem wurde die Tradition eines Kaschmirschals als Mitgift noch viele Jahre fortgeführt.